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Das Leben der grossen Ideen

Seit ich hier sitze, um diesen Text zu schreiben, hat mein Smartphone mir zweimal gemeldet, dass ich Post bekommen habe. Gefühlt 20-mal war ich in Versuchung nachzusehen, wer mir geschrieben hat. Ein Kunde mit einem Grossauftrag kurz vor den Sommerferien? Ein umwerfendes Angebot von einem Verlag? Die «Zeit», die mich als Kolumnistin will? Nein, bestimmt war es nur dieser Newsletter, den man nicht abbestellen kann. Die Leute dort haben ihre Verteilerliste nicht im Griff. Vermutlich stehen sie vor der gleichen Herausforderung wie ich: Sie wollen konzentriert arbeiten, doch das klappt nicht immer.

Nur kurz das Handy holen! Komm, nur ganz kurz.

Die Mail könnte wichtig sein. Dabei könnte ich gleich noch googeln, woher das Wort «Konzentration» kommt und welche Arten des «Konzentrats» es gibt. Vielleicht aber sollte ich heute einfach nicht so lange arbeiten und dafür morgen ganz früh ins Büro gehen? Den Schwung des jungfräulichen Morgens ausnutzen und dann total inspiriert in die Tasten hauen. Ja, morgen bin ich bestimmt konzentriert und kann alles geben.

Bull-shit.

Als Joanne K. Rowling ein Ende für ihren allerletzten Harry-Potter-Band finden musste – den Knaller, an den Millionen von Lesern höchste Erwartungen hatten und der einfach gelingen musste – soll sie sich in ein schottisches Fünf-Sterne-Hotel zurückgezogen haben. Sie riss sich selbst aus ihrer gewohnten Umgebung mit all ihren Ablenkungen heraus und zahlte sicher nicht wenig Geld für die Suite. Mit dieser «grossen Geste», wie Bestseller-Autor Cal Newport es nennt, schenkte sie ihrer Aufgabe eine noch grössere Bedeutung und sich einen besonderen Motivationsschub.

Was hat das mit uns zu tun, mit Ihnen und mit mir?

Wollen wir sieben Bände Harry Potter schreiben? Vielleicht nicht. Aber stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn wir zu echter Konzentration fähig wären.

Wenn wir nicht alle 15 Minuten unser Smartphone kontrollieren würden in der unbewussten Hoffnung auf Belohnung. Wenn wir ganz im Moment wären und unseren Blick schärfen könnten für das, was wir tun. Wenn auch nur einige der Ideen umgesetzt würden, die wir sonst durch Switch-Tasking im Keim ersticken. Wie wäre das?

Ich checke noch rasch meine Mails, dann denke ich darüber nach. Hochkonzentriert.

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