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Die Resilienz-Kur

Nehmen wir an, wir bringen es hinter uns. Wir finden alltagstaugliche Wege, wie wir trotz Virus wieder Menschen umarmen, offline Konferenzen besuchen und richtig grosse Feste feiern können. Welchen Vorrat würden Sie sich für die nächste Pandemie zulegen? WC-Papier, Nudeln und Pelati haben Sie sicher für die nächsten Jahre zur Genüge im Keller.

Mein Favorit unter all den anhäufungswerten Dingen ist Resilienz. Nichts was einem andere weghamstern könnten – im Gegenteil. Je mehr Menschen über eine gute innere Widerstandskraft verfügen, desto ausgeglichener sind sie und desto besser lässt es sich mit ihnen leben. Mich wundert, dass wir nicht längst damit angefangen haben, uns flächendeckend in Resilienz zu üben.

Die Kolumne ist Teil der Serie «Mehrwert» des Verbands Frauenunternehmen., erschienen am 7. Mai 2020 in der «Handelszeitung».

Vielleicht liegt es an diesem Wort. Resilienz. Damit kann man auf Anhieb natürlich gar nichts anfangen. Ursprung des Worts ist das lateinische «resilire», was soviel bedeutet wie zurückspringen oder abprallen. Resilienz ist so etwas wie ein inneres Schutzschild, das Giftpfeile wie Stress, Druck und Krisen erfolgreich abwehrt. Wir verzweifeln nicht, sondern nehmen die Herausforderung an. Machen aus veränderten Lebensverhältnissen eine Challenge, sehen die Probleme mit einer gewissen Distanz und können der Krise vielleicht auch etwas Gutes abgewinnen.

Als meine Familie und ich uns im März in unsere kleine Stadtwohnung zurückgezogen haben, war ich skeptisch. Draussen ein Killervirus, drinnen eine Bombenmischung: Vier Personen, zwei hochprozentige Arbeitspensen und eimerweise Energie im Kinderzimmer. Wie sollten wir das hinkriegen, ohne dass die Stimmung kippt? In der ersten Woche knickte ich sorgenvoll jeden Tag einmal ein. Ich schlief schlecht, lag nachts mit langen Gedankenwanderungen wach, bis ich einen Entschluss fasste: Ich mache eine Resilienz-Intensivkur! Ab dann galten strikte Regeln, zum Beispiel ein Verbot von elektronischen Medien nach 21 Uhr. Erlaubt waren nur noch regenerative Tätigkeiten wie meditieren, ein Dankbarkeitstagebuch führen oder lesen. Zapfenstreich um 22 Uhr, damit ich am nächsten Morgen um 6 Uhr frisch sein und meine Morgenroutine einhalten konnte.

Die Wochen meiner Intensivkur waren vermutlich die besten Wochen, die ich dieses Jahr erlebt habe. Mehr Schlaf, mehr Energie, bessere Stimmung. Der schwierige Teil kommt jetzt: dranbleiben!

Bild: Allen Taylor / unsplash

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