Husch, husch!
Eine Husche: einer der Ausdrücke, die mir in Anuschka Roshanis Buch «Komplizen» zum ersten Mal begegnet sind. Den Roman hatte ich im Gepäck, als ich diesen Sommer in die Berge fuhr. Erst erschien es mir oberflächlich: die Mutter ein Mannequin, der Vater ein umschwärmter Beau, irgendwie nicht mein Ding. Nach dem Einlesen veränderte sich mein Blick.
Die differenzierte Auseinandersetzung der Autorin mit Vater und Mutter faszinierte mich – nicht nur weil sie so anders sind als meine Eltern. Roshani nähert sich ihrer eigenen Person, indem sie Leben und Charaktere ihrer Eltern beschreibt. Ihre Gedanken förderten meine Reflektion.
Dann waren da diese grossartigen Worte:
«… weil man in diesem ausplanierten Mutter-Tochter-Saldo nie auf die Haben-Seite geraten kann.»
«Geliebt zu werden, dieses Gefühl umspült mich wie eine Nährflüssigkeit.»
«Sabine war blond und vollbusig und traf den Durchschnittsgeschmack des deutschen Mannes, wenn der an “hübsch” dachte.»
Und falls Sie es auch nicht wussten: Eine Husche ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für einen kurzen Regen- oder Schneeschauer. Das Substantiv ist verwandt mit dem Partikel husch, der lautmalerischen «Beschreibung einer schnellen, fast geräuschlosen Bewegung» (Duden).
Bei so viel Schönheit eigentlich schade, dass Huscheligkeit keine Tugend ist.
Anuschka Roshani: Komplizen. Roman meines Lebens.
Kein & Aber Pocket 2019.
Bild: Joanna Kosinska / unsplash