«Komm, Schätzchen …»
Sind gemischte Konferenzen genauso inspirierend wie solche speziell für Frauen? Ja, doch. Einfach anders. Um vergleichen zu können, ging ich an eine dieser Top-Konferenzen: 900 Teilnehmende, hochkarätige Speaker, aufregend angerichtete Häppchen, keine Goodie-Bags. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Die besten Geschichten hört man in den Pausen. Da ist die Karrierefrau, die sich einen Geländewagen gekauft hat. Der Autohändler übergab ihr den Wagen mit den Worten: «Schon toll, wenn man einen Vater als Sponsor hat!» Oder die Managerin, eine gestandene Frau, mit dem charmanten und allseits beliebten Arbeitskollegen. Als die beiden in einer Diskussion einmal nicht weiterkamen, legte er seinen Charme ab und meinte: «Komm, Schätzchen, jetzt hab dich doch nicht so.» Wirtschaft mit der Gender-Brille ist immer noch verblüffend.
Die spannenden Referentinnen sind alle schon vergeben.
Dass neben der einzigen Referentin ganz viele Männer auf der Bühne stehen, ist auch einfach toll. Die brauchen weniger lang in der Maske und schauen trotzdem ganz natürlich aus. Klar können sie Top-Shots sein, müssen sie aber nicht. Ich stelle mir das auch schwierig vor, spannende Referentinnen zu finden. Die werden ja alle für die Frauen-Tagungen gebraucht. Und ob man für die Tickets gleich viel verlangen könnte, wenn das Programm fifty-fifty zwischen den Geschlechtern aufgeteilt wäre? Da habe ich meine Zweifel. Allerdings: Wenn die Frauen weniger verlangen, könnte man auch mit dem Ticketpreis runter.
Ich will was Fesches, keinen Nerd.
Und nun? Bin ich inspiriert und setze das Gelernte um. Ich werde genau das tun, was die männlichen Entscheider auch immer wieder tun, einfach umgekehrt. Ich suche einen Sekretär (pardon: einen Office Manager), denn gemischte Teams arbeiten besser. Bewerbungen bitte nur mit Foto. Ich möchte was Fesches, keinen Nerd. Beim Vorstellungsgespräch werde ich ihn nach seinen Gehaltsvorstellungen fragen und bei meinem Lohnvorschlag 30 % abziehen. (Eigentlich wollte ich ja eine Frau einstellen, und die wäre um einiges billiger gewesen.) An seinem ersten Arbeitstag bekommt er zur Willkommens-Ingwer-Limonade eine hübsche Nagelfeile. Darauf freu ich mich. Und auch darauf, dass ich dann endlich jemanden im Büro habe, den ich hin und wieder vielsagend anlächeln und in die Wange kneifen kann.
Die Kolumne ist Teil der Serie «Mehrwert» des Verbands Frauenunternehmen,
erschienen am 21. März 2019 in der «Handelszeitung».