«Es ist die Zeit meines Lebens»

Die Zeit des Windelwechselns ist für Monika Wagner seit langem vorbei. Einst war sie alleinerziehende Mutter, heute ist sie beruflich genau da, wo sie sein will. Der ideale Zeitpunkt, um mit etwas Abstand zurückzublicken – und festzustellen: «Die Jahre der Entbehrungen rücken in den Hintergrund.»
Frau Wagner, waren Sie immer berufstätig, seit Sie Mutter sind?
Die einzige Pause waren sechs Monate nach der Geburt, danach habe ich wieder in Teilzeit zu arbeiten begonnen. Damals habe ich mich auch entschieden, mein begonnenes und nicht abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften abzuschließen. Ich bin also neben Baby und Arbeit zusätzlich wieder auf die Uni gegangen. Das war eine spannende und intensive Zeit. Allerdings habe ich es gut verbinden können: Ich habe Teilzeit in einem Tourismus-Callcenter gearbeitet und hatte oft Wochenend- und Abenddienst. Da konnte ich nebenbei in Ruhe studieren und lernen.

Wie haben Sie gelebt?
Ich konnte im Haus meiner Eltern eine Wohnung mieten, sodass die Kinderbetreuung immer vor Ort war.
Mit Studienende – damals war Konstantin ungefähr fünf Jahre alt – habe ich mit der Gerichtspraxis und einer Anstellung im Amt der Vorarlberger Landesregierung Familie und Arbeit gut vereinbaren können. Mein Arbeitsplatz war relativ nahe, so dass ich sogar zu Fuß oder mit dem Rad zur Arbeit konnte. Ich war immer in der Nähe, wenn es mich brauchte.
Die meiste Zeit in den vergangenen Jahren habe ich 100 % gearbeitet. Meine Erfahrung war, dass Teilzeitmodelle wie 80%-Tätigkeiten zur Folge haben, dass man 100% Arbeit in 80% Zeit unterbringen muss und zudem nur 80% verdient. Diesen Versuch habe ich deshalb schnell abgebrochen und lieber die Betreuung entsprechend organisiert.
Humorvoll bleiben, wenn die Pubertät kommt.
Wie haben Sie die Kinderbetreuung organisiert, als Ihr Sohn noch klein war?
Die Großeltern haben viel Betreuung abgedeckt, daneben hat sich mein Sohn in der Kinderbetreuung sehr wohl gefühlt. Im ersten Jahr hat mich zudem eine Cousine aus der Slowakei als Au-pair-Mädchen unterstützt. Sie wollte Deutsch lernen und wir haben uns über ihre Hilfe gefreut.
Auch in den Folgejahren war die Großfamilie eine wichtige Unterstützung. Konstantin war ganz oft bei seinen Großeltern zum Mittagessen.
Als er älter wurde, habe ich ihn bald zur Selbständigkeit erzogen. Das hat sehr gut funktioniert: Nun geht er nach Berlin und ich muss keine Sorge haben, dass er seine Wäsche nicht selber erledigen kann oder sich nur von Junkfood ernährt. Gutes Essen, gemeinsames Kochen und Mithilfe im Haushalt waren mir immer wichtig – auch wenn es Jahre gegeben hat, wo das nicht so gut oder nur unter Androhung von Sanktionen funktioniert hat.
Was würden Sie rückblickend anders machen?
Ich würde es wieder so machen. Mein Sohn hatte das Glück, trotz alleinerziehender Mutter in einer großen Familie aufwachsen zu dürfen. Ich konnte mich beruflich entfalten. Ich fühle mich sehr privilegiert und dankbar. Die Jahre des Studiums und der Entbehrungen rücken in den Hintergrund.
Ich muss keine Sorge haben, dass er seine Wäsche nicht selber erledigen kann.
Gibt es etwas, das Sie heute stärker gewichten würden als früher?
Mir war immer wichtig, die Stunden mit meinem Kind gut zu verbringen. Wir waren stundenlang in der Natur und im Wald und haben gerne kleinere und größere Reisen gemacht. Wir waren immer mit dem Zug unterwegs und konnten dabei stundenlang spielen, zum Fenster hinausschauen und reden. Das waren ganz wichtige Momente.
Was wünschen Sie sich von Gesellschaft oder Politik?
Anerkennung und gute Rahmenbedingungen für alle Frauen, egal ob sie zu Hause oder berufstätig sind. Schön wäre, wenn Frauen ab und an eine Auszeit nehmen könnten, um sich zu erholen. Die Mehrfachbelastung ist immens anstrengend.
Wir waren immer mit dem Zug unterwegs und konnten stundenlang spielen.
Haben Sie einen Rat für andere berufstätige Mütter?
Humorvoll bleiben, wenn die Pubertät kommt.
Was finden Sie gerade total klasse?
Alles. Irgendwie ist es die Zeit meines Lebens. Ich habe einen wunderbaren Sohn, auf den ich sehr stolz bin und der mir viel Freude macht und der auf dem besten Weg ist, auch ein toller Mann zu werden. Und ich bin beruflich dort angekommen, wo ich immer hinwollte.